Gemeinsame Presseerklärung
der AG Schacht Konrad, der BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, dem Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen und der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" e.V.

29.11.2021

Unter dem Stichwort „Atom“ bekräftigt die Koalition zwar ihr Nein zur Nutzung der Atomenergie, aber im Ergebnis werden in Deutschland auch über 2022 hinaus Atomanlagen aktiv betrieben, die Risikoreaktoren mit Uranbrennstoff versorgen und neuen Atommüll produzieren. Damit umgeht die Ampel-Koalition den vereinbarten Atomausstieg.

Die Ampelkoalition betont, dass „genehmigte Endlager“ zügig fertiggestellt und in Betrieb genommen werden „müssen“. Das zeigt, dass die Unterhändler:innen skrupellos weiter arbeiten wollen bzw. in doppelter Hinsicht ahnungslos zu sein scheinen. Als mögliches Endlager ist ein einziges Projekt planfestgestellt, der Schacht KONRAD bei Salzgitter. Woher der Plural rührt, ist mirakulös. „Ahnungslos können aber die Koalitionäre nicht wirklich sein, denn sie wissen bestimmt, dass Umweltverbände in Niedersachsen einen vortrefflich begründeten Antrag auf Widerruf des Planfeststellungsbescheides in Sachen KONRAD eingereicht haben“, fordert Ludwig Wasmus von der AG Schacht KONRAD die Aufgabe dieses Uralt-Endlagerprojekts.

Zu erwarten wäre der Programmpunkt gewesen, die vergleichende, wissenschaftsbasierte Standortsuche für die Endlagerung auf alle Arten von Atommüll auszuweiten. „Denn es zeichnet sich ab, dass selbst bei einer Inbetriebnahme des Schacht KONRAD eine weitere Deponie für die schwach- und mittelaktiven Abfälle vonnöten sein wird. Dass SPD und Grüne, die mit der Problematik bestens vertraut sind, den Schacht KONRAD durchpauken wollen, provoziert.“

Hinter dem „Logistikzentrum“ verbirgt sich die Idee, in Würgassen ein neues, zusätzliches Atommülllager für die schwach- und mittelaktiven Abfälle zu errichten, das jedoch keinesfalls obsolet wird, wenn der Schacht KONRAD kippt. Wir lehnen diesen neuen Atommüll-Standort kategorisch ab.

Sehr bedenklich ist zudem, was alles fehlt im Koalitionsvertrag. Wolfgang Ehmke, BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, bemängelt, dass der Zwischenlagerproblematik keine Zeile gewidmet wird. Die ersten Genehmigungen für die Zwischenlagerung hochradioaktiver Abfälle laufen in Gorleben (2034) und Ahaus (2036) aus, ohne dass ein Endlager bereitstünde. „Die Zwischenlagerproblematik wird über kurz oder lang technisch wie politisch brisant, da kann man sich nicht wegducken“, so Ehmke. Felix Ruwe, von der Bürgerinitiative "Kein Atommüll in Ahaus" e.V.): „Wer legt die Normen und Richtlinien für eine notwendige längere Zwischenlagerung fest? Schwach- und mittelradioaktiver Atommüll gilt sogar schon als hinreichend sicher verpackt, wenn die Behälter 20 Jahre überstehen. Das ist zwar billig, aber nicht der Realität angepasst. Die Zwischenlager mutieren zu Zeitbomben mit steigendem Risiko.“

Zu der Brennelementfertigung in Lingen, der Urananreicherung in Gronau, dem Forschungsreaktor in Garching – alle Anlagen sind bisher vom Atomausstieg ausgenommen - erwarteten die Initiativen klare Aussagen. Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen bemängelt konkret: „Die Urananreicherung und die Brennelementfertigung ermöglichen den Betrieb von Risikoreaktoren in den Nachbarländern und weltweit. Kein Wort auch zu den Plänen von Urenco und anderen Firmen, die neue, gefährliche Reaktorlinien bauen möchten oder die Urananreicherung immer stärker Richtung Waffenfähigkeit hoch zu puschen – mit Uranzentrifugen, die in Jülich/ entwickelt werden. Ohne Stilllegung dieser Atomanlagen bleibt der Atomausstieg unvollendet."

Kein Wort findet sich im Koalitionsvertrag zu EURATOM-Vertrag, der unverändert die Nutzung der Atomkraft zum Inhalt hat. Immerhin gibt die Ampel die Total-Blockade des UN-Atomwaffenverbotsvertrags auf und strebt nun einen „Beobachter-Status“ an. Ein Beitritt wird jedoch weiterhin ausgeschlossen. Wie die Koalition so die angepeilte Welt ohne Atomwaffen erreichen will, bleibe offen. Auch der Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland wird nicht gefordert.

Die Initiativen resümieren: „Es wird weiterhin auf unser Engagement ankommen, damit die Leerstellen sichtbar werden und der Handlungsbedarf deutlich wird.“

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